
Nachrichten schauen war gestern. Für die Generation Z sind Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube längst zur Hauptinformationsquelle geworden – und klassische Medien verlieren weiter an Boden.
Der Digital News Report 2025 zeigt: Die unter 30-Jährigen konsumieren News, aber anders – schnell, mobil und über Influencer statt Journalist:innen.
Instagram statt Tageszeitung: Was sich radikal verändert hat
Laut Studie nutzen über die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen wöchentlich Social Media zur Informationsbeschaffung. Für rund ein Drittel ist es sogar die wichtigste Quelle überhaupt. Besonders beliebt: Instagram (29 %), gefolgt von YouTube (23 %) und WhatsApp (20 %). TikTok verliert im Vergleich zum Vorjahr leicht, bleibt aber ein relevanter Player. Facebook? Spielt bei der Gen Z kaum noch eine Rolle.
Was auffällt: Während ältere Generationen noch überwiegend auf klassische Medien setzen, wächst auch bei den Über-35-Jährigen der Anteil jener, die sich via Social Media informieren.
Wer liefert „News“? Influencer statt Redaktionen
Der Medienwandel zeigt sich nicht nur in der Plattformwahl, sondern auch bei der Quellenwahrnehmung. Bei TikTok, Instagram & Co gelten vor allem Influencer:innen, Promis und private Accounts als glaubwürdige Informationslieferanten. Über 35 % der Gen Z geben an, News primär über Content Creators wahrzunehmen – nur knapp dahinter liegen Beiträge von TV-Sendern (34 %). Redaktionen geraten ins Hintertreffen.
TikTok als Einflugschneise für Desinformation
Was als Demokratisierung der Öffentlichkeit begann, hat eine Schattenseite: Algorithmen fördern Emotionalisierung statt Fakten. Fake News, Meinungsmache und gezielte Irreführung verbreiten sich auf Plattformen wie TikTok oft schneller als seriöse Inhalte. Eine Bitkom-Umfrage zeigt: Fast die Hälfte der Social-Media-Nutzer:innen begegnet regelmäßig Desinformation – vor allem bei Themen wie Ukraine-Krieg, Flüchtlinge oder COVID-19.
NewsGuard fand bereits 2022 heraus: TikToks Algorithmus zeigte neuen Nutzer:innen innerhalb von 40 Minuten Fehlinformationen über den Ukraine-Krieg. Ziel der Plattform: Maximale Verweildauer – Wahrheit zweitrangig.
Nachrichtenmüdigkeit: Weniger Interesse – mehr Verdrängung
Während das Nachrichteninteresse der älteren Bevölkerung weiter sinkt (z.B. bei den 55+ von 66 % auf 61 %), erlebt die Gen Z ein überraschendes Comeback: 45 % der 18- bis 24-Jährigen interessieren sich wieder verstärkt für News – 2023 waren es noch 28 %. Dennoch: Die Mehrheit konsumiert selektiv. Rund 60 % geben an, regelmäßig bewusst Nachrichten zu vermeiden – am häufigsten zu Themen wie Krieg, Krisen, Gesundheit und Politik.
Gründe? Zu negativ, zu viel, zu belastend. Die tägliche Nachrichtenflut macht mürbe – vor allem, wenn sie ungefiltert über TikTok reinprasselt.
Wie Medienhäuser aufholen wollen – und (endlich) anfangen, umzudenken
Die Erkenntnis ist da: Wer die Gen Z erreichen will, muss dahin gehen, wo sie ist – auf Social Media. Und zwar nicht mit klassischen Inhalten, sondern mit neuen Formaten, Gesichtern und Sprache.
Beispiele für gelungene Ansätze:
- „News-WG“ (BR / PULS): Politik auf Instagram – direkt, verständlich, nahbar.
- „Volksverpetzer“: Gegen Fake News mit Fakten, Emotion & Haltung. Funktioniert: über 450.000 Follower:innen.
- „DIE DA OBEN!“ (funk): Bundestagsdebatten auf Insta & YouTube – zugänglich, unterhaltsam und klar eingeordnet.
- „MrWissen2go“: Mirko Drotschmann erklärt auf YouTube Politik, Geschichte und Zeitgeschehen – mehrfach ausgezeichnet, Millionenpublikum.
- „watson“: News-Plattform mit Social-Media-Fokus, klarer Sprache und jungen Formaten.
Was klassische Medien jetzt (endlich) begreifen müssen:
- Komplexität runterbrechen, ohne zu verdummen
- Gesichter zeigen: Persönlichkeiten schaffen Vertrauen
- Interaktiv sein: Umfragen, Stories, Quiz – statt Einwegkommunikation
- Storytelling statt Bleiwüste: Fakten in Geschichten verpacken
- Kürzer. Schneller. Visueller. – Inhalte, die in den Feed passen
Fazit: Wer die Gen Z nicht erreicht, verliert – auch demokratisch
Die Debatte über die Zukunft des Journalismus ist längst mehr als eine Frage der Technik – sie ist politisch. Wenn glaubwürdige Informationen untergehen, Fake News viral gehen und junge Menschen News meiden, gerät der öffentliche Diskurs ins Wanken. Die Medien müssen mehr tun, als nur Plattformen bespielen – sie müssen neu denken, neu erzählen und neu begeistern. Sonst bestimmen bald nur noch Likes, wer gehört wird.